Baurecht
In den Niederlanden sind neben vielen lokalen Rechtsverordnungen und Satzungen eine Reihe von nationalen Gesetzen zu beachten. Die grundlegende Gesetzgebung auf nationaler Ebene ist das Wohnungsgesetz/Baugesetz (Woningwet, Ww) von 1901 (novelliert 2003), das vergleichbar mit dem deutschen BauGB ist und Mindestanforderungen im Hinblick auf Sicherheit, Technik, Benutzbarkeit und Umweltverträglichkeit definiert. Weiterhin bildet es auch die Grundlage für Planung und Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus (Volkshuisvesting). Durch die Gesetzesnovelle von 2003 wurden wesentliche Vereinfachungen und Objektivierungen im Bereich der Baugenehmigung und -kontrolle eingeführt.1
Auf dem Art. 2 des Wohnungsgesetzes basiert die Bauverordnung (Het Bouwbesluit), die in 14 Kapiteln alle minimalen Vorschriften bezüglich des Bauens oder des Umbauens definiert. Die Bauordnung ist landesweit gültig und enthält bautechnische Vorschriften zur Statik, Materialwahl, Bauphysik, etc. sowie wohnungsbaubezogene Vorschriften wie z. B. zur Ausrichtung und Größe von Wohnräumen. Ebenso werden in der Bauverordnung Qualitätsanforderungen (Prestatie-eisen) von Bauteilen und Materialien festgelegt.2 Als lokale Ergänzung wird von jeder Gemeinde auf Grundlage des Wohnungsgesetzes eine Kommunale Bauverordnung (Gemeentelijke Bouwverordening) erarbeitet3.
Weitere wichtige Gesetze sind das Raumplanungsgesetz (Wet op de Ruimtelijke Ordening, WRO) und die Raumplanungsverordnung (Besluit op de Ruimtelijke Ordening), die Ausnahmen von der Genehmigungspflicht bei kleineren Projekten vorgibt, das Stadt- und Dorferneuerungsgesetz (Wet Stads-en Dorpsvernieuwing)4, das Umweltgesetz (de Wet Milieubeheer) sowie in einigen Gemeinden Milieuschutzverordnungen (Leefmilieuverordnungen), die vor allem den Abriss oder die Nutzungsänderungen von Gebäuden regeln und so dem städtebaulichen Schutz von Wohngebieten dienen5.
Die Niederlande sind in 12 Provinzen aufgeteilt, die Landesentwicklungspläne (Streekplan) erarbeiten. Ähnlich dem deutschen System werden auf Basis des Streekplans auf lokaler Ebene Flächennutzungspläne (Structuurplan) und Bebauungspläne (Bestimmingsplan) ausgearbeitet6. Besonderheiten in der niederländischen Rechtsfestsetzung sind nach §18a und §19 WRO allerdings die Änderungs- und Befreiungsbefugnisse, die es dem Bürgermeister oder Beigeordneten erlauben, Baumaßnahmen und Bauwerke zu genehmigen, die von den Bestimmungen des Bebauungsplanes abweichen.7 In aller Regel sollen die grundsätzlichen Vorbedingungen für die Erteilung einer Genehmigung durch den örtlichen Bebauungsplan (Bestimmingsplan) oder den Vorbereitungsplan (Voorbereidingsplan) gegeben sein.
Seit der Novellierung des Baugesetzes im Jahr 2003 werden nur noch zwei Arten von Bauvorhaben unterschieden: genehmigungsfreie Vorhaben und Bauvorhaben, die eine offizielle Baugenehmigung (Bouwvergunning) oder bei größeren baulichen Vorhaben (wie Industrieanlagen, Flugplätze etc.) eine Errichtungsgenehmigung (Aanlegvergunning) erfordern. Für genehmigungspflichtige Vorhaben besteht nur unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit eines vereinfachten Verfahrens8. Die komplette Liste genehmigungsfreier Bauvorhaben und die Vorraussetzungen des vereinfachten Verfahrens sind in den Allgemeine Verwaltungsanweisung Amvb (Algemene Maatregelen van Bestuur) einzusehen.9 Der eigentliche Bauantrag wird bei der örtlichen Gemeinde im Büro des Gemeinderats (Gemeenteraad) eingereicht.
Die Normung liegt in den Händen des Niederländischen Instituts für Normung NNI (Nederlands Normalisatie-Instituut), das keiner staatlichen Aufsicht unterliegt. Die vom NNI herausgegebenen Normen haben ausschließlich empfehlenden Charakter.10
Quellen:
Vgl. F.M. Meijer/H.J. Visscher, Building Regulations in Europe, Part 1, Delft 2002 S. 107
Vgl. Schröder et al., Planen und Bauen in den Niederlanden, Seminararbeit an der TU Darmstadt, WS99/00 S. 161ff.
Vgl. http://www.vianen.nl/show?id=190235&textonly=248203, 03.06.04
Vgl. http://www.flevoland.nl/docs/organisatie/C31Verdeelverordeningstadsendorpsvernieuwing.pdf, 03.06.04
Vgl. http://www.oost-vlaanderen.be/milieu/content.cfm?doc_id=204, 03.06.04
Vgl. G. Schmidt-Eichstaedt, Bauleitplanung und Baugenehmigung in der Europäischen Union, Köln 1995 S. 140
Vgl. Schröder et al., Planen und Bauen in den Niederlanden, Seminararbeit an der TU Darmstadt, WS99/00 S. 163
Vgl. G. Schmidt-Eichstaedt, Bauleitplanung und Baugenehmigung in der Europäischen Union, Köln 1995 S. 134ff.
Vgl. F.M. Meijer/H.J. Visscher, Building Regulations in Europe, Part 1, Delft 2002 S. 108f.
Vgl. T. Zubke-von Thünen, Technische Normung in Europa, Berlin 1999 S. 609ff.