Baurecht
In Großbritannien sind die Bauvorschriften weitestgehend landesweit einheitlich geregelt, auch wenn Schottland und Nordirland eigene baurechtliche Gesetzestexte herausgeben1 . Diese ähneln inhaltlich den Vorschriften für England und Wales. Die Bauordnung für England und Wales basiert auf dem Baugesetz (Building Act) von 1984 mit Änderungen und Zusätzen in den Baubestimmungen (Building Regulations) von 1998 bzw. 2000 und in den ergänzenden Baubestimmungen (Building (Amendment) Regulations) von 2001 bzw. 2002. Neben der Definition und Regelung von Baugenehmigungen sind die Anforderungen an Statik, Brandschutz, Lärmschutz und Gesundheitsschutz etc. festegesetzt. Zusätzlich existieren technische Vorschriften Technical Standards und Approved Documents A N2 . In Schottland gelten die Gesetzestexte Building Act von 1984, Building Scotland Act von 1959 und die Building Scotland Regulations von 1990, in Nordirland die Planungsanweisung (Planning Order) von 1972.
Im Bereich der Raum- und Stadtplanung existieren eine Vielzahl von beeinflussenden Vorschriften. Dies sind primär die Town and Country Planning Acts und der Planning and Compensation Act (Planungs- und Entschädigungsgesetz)3 , das zusammen mit ministeriellen Verwaltungsvorschriften, Einzelanordnungen und Rahmenrichtlinien die Grundlage der städtebauliche Planung sowie Kontrollen, Entscheidungen und Genehmigungen im planungsrechtlichen Umfeld darstellt. Die Regionalplanung4 wird durch die Regional and Strategic Guidance sowie den Structure plans and Unitary development plan Part I vorgegeben und auf lokaler Ebene durch Local plannings and Unitary development plan Part II5 sowie Simplified Planning Zones (Bebauungspläne) umgesetzt.
Abb. 2: Beispiel des britischen Unitary Development Plan6
Die Errichtung von Gebäuden, größere Veränderungen und Erweiterungen, wesentliche Nutzungsänderungen von Gebäuden oder Grundstücken und anderes erfordern das Einholen einer planungsrechtlichen Genehmigung (Planing Permission). Neben der eigentlichen planungsrechtlichen Genehmigung (Planning Permission) kann ähnlich wie in Deutschland in der Entwurfsphase ein planungsrechtlicher Vorbescheid (Outline Planning Permission) eingeholt werden, der drei Jahre gültig ins und lediglich Grundprinzipien des baulichen Vorhabens wie das Bauvolumen und Außenmaße abdeckt. Ergänzende Details (Reserved Matters) werden erst in der späteren Genehmigungsphase geklärt.7 Für kleine Bauvorhaben genügt in der Praxis oft der Vorbescheid8. Daneben existieren Simplified Planning Zones, in denen ein vereinfachtes Planungs- und Genehmigungssystem geregelt ist. In diesen Zonen benötigen vorgabenkonforme Planungen keine gesonderte Genehmigung. Es gibt auch Vorschriften zur Befreiung von der Genehmigungspflicht, dies ist zum einen bei Nutzungsänderungen die Anweisung für Nutzungsklassen (Use Classes Order) und zum anderen bei untergeordneten Gebäudetypen die Rechtsverordnungen des zuständigen Ministeriums (General Development Order bzw. General Permitted Development Scotland Order). Unabhängig von der Notwendigkeit einer Baugenehmigung ist in jedem Fall eine technische bauordnungsrechtliche Genehmigung (Building Regulations Approvals) einzuholen. Das kommunale Local Authority Building Control Office erteilt erst dann die endgültige Baugenehmigung (building warrant), wenn sowohl der planungsrechtliche als auch der technisch-bauordnungsrechtliche Bauantrag eingereicht wurden.9
Neben der behördlichen Planungs- und Baukontrolle existiert seit Inkrafttreten des Baugesetzes von 1984 die Möglichkeit einer privaten Baukontrolle, bei der sog. Approved Inspectors (AI) Aufgaben der Baugenehmigung, -aufsicht und abnahme von der lokalen Baubehörde übernehmen (auf Grundlage der Building (Approved Inspectors) Regulations aus dem Jahr 2000). Approved Inspectors sind Firmen oder Einzelpersonen, die einen vierstufigen Test beim Rat der Bauindustrie CIC (Construction Industry Council) erfolgreich abgeschlossen haben (bis April 2002 25 Einzelpersonen und 18 Firmen). Die mit über 50% Marktanteil führende Firma ist dabei die NHBC Building Control Services11 .
Für die Normung in Großbritannien ist die British Standards Institution (BSI) zuständig , deren Normenwerk prinzipiell nur empfehlenden Charakter hat und nur durch einen ausdrücklichen staatlichen Rezeptionsakt Rechtsverbindlichkeit erlangen.12
Quellen:
1vgl. The building acts and its building regulations, Department for Transport, Local Government and the regions-DTLR, http://www.safety.dtlr.gov.uk/bregs/building.htm, 22.07.03
2vgl. Building Control Your questions, highland council, http://www.highland.gov.uk/plintra/devbc/bc_questions.htm,
28.05.02
3vgl. Approved Documents, DTLR, http://www.safety.dtlr.gov.uk/bregs/brads.htm, 27.05.03
4Vgl. EU-Compendium United Kingdom, Bd. 28 P, Luxemburg 2000 S. 23ff.
5insgesamt gibt es 11 Regions mit insgesamt 56 Counties (analog zum deutschen Landkreis)
5entsprechend den deutschen Flächennutzungsplänen
6Quelle: EU-Compendium United Kingdom, Bd. 28 P, Luxemburg 2000 S. 171
7Vgl. G. Schmidt-Eichstaedt, Bauleitplanung und Baugenehmigung in der Europäischen Union, Köln 1995 S. 91ff.
8Vgl. F.M. Meijer/H.J. Visscher, Building Regulations in Europe, Part 1, Delft 2002 S. 46
9Vgl. G. Schmidt-Eichstaedt, Bauleitplanung und Baugenehmigung in der Europäischen Union, Köln 1995 S. 91ff.
10Vgl. http://www.nhbc.co.uk, 03.06.04
11Internet-Auftritt unter http://www.bsi-global.com, 03.06.04
12Vgl. T. Zubke-von Thünen, Technische Normung in Europa, Berlin 1999 S. 553ff.